Ali trainierte wohl für keinen Kampf weniger
als für das erste Aufeinandertreffen mit Leon Spinks. Er begann das
Training mit einem Gewicht von 110 kg und sparrte insgesamt nur etwas mehr
als zwanzig Runden.
Diese Einstellung sollte sich rächen. Ali
versuchte wieder einmal mit der Rope-a-dope-Taktik Erfolg zu haben, doch
diesmal wirkte sie nicht mehr. Spinks ermüdete einfach nicht und bearbeitete
unerbittlich Alis Körper und Arme. Als Ali den Kampf wenden wollte,
ließ es sein Körper nicht zu. Die Punkterichter werteten den
Kampf 2:1 für Spinks und Muhammad Ali hatte den WM-Titel das erste
und einzige Mal im Ring verloren.
In Thomas Hausers Biographie äußert
sich Ali zu dieser Niederlage: „Von allen Boxkämpfen, die ich verlor,
war die Niederlage gegen Spinks die schmerzhafteste. Und zwar, weil es
mein eigener Fehler war. Leon hat sauber gekämpft, er hat sein Bestes
gegeben. Doch es war peinlich, dass jemand mit so geringen boxerischen
Fähigkeiten mich schlagen konnte.“
Ali war nach dem Kampf entschlossen, sich den
Titel zurückzuholen. Obwohl die WBC Spinks den Titel aberkannte, weil
er ihn gegen Ali und nicht gegen Ken Norton verteidigte, wurde ein Rückkampf
vereinbart – es blieb ja noch die WBA-Version des Titels.
Während Spinks die Vorzüge genoss,
die das Dasein als Champion mit sich brachte – er wurde unter anderem mit
Kokain erwischt – quälte sich Ali, um in Form zu kommen. Ali kündigte
vor dem Kampf, der am 15.9.1978 stattfinden sollte, an, diesmal keine „Mätzchen“
machen zu wollen, kein Rope-a-dope oder ähnliches, sondern Spinks
auf Distanz halten. Das klappte auch verhältnismäßig gut
– Spinks fand kein Mittel gegen Alis Klammern. Trotzdem war der Kampf ziemlich
langweilig und lebte hauptsächlich von der Spannung, die ihn umgab.
Ali, der das Geschehen weitgehend bestimmte, siegte einstimmig nach Punkten
und gewann somit als erster Boxer dreimal die Weltmeisterschaft im Schwergewicht.
Nach diesem Kampf erklärte Ali seinen Rücktritt
vom Boxsport.
Ali bereiste in der Folgezeit die ganze Welt
– er wurde von Staatsoberhäuptern und Politikern empfangen und geehrt.
Auch nach Russland verschlug es ihn, wo er mit Leonid Brezhnev zusammentraf.
Im Februar 1980 wurde Ali von Präsident Carter beauftragt, in Afrika
für den Olympia-Boykott der USA zu werben. Mit diesem Unterfangen
hatte er allerdings keinerlei Erfolg.
Nach dieser unglücklichen Vermittlungstätigkeit
plante Ali in den Ring zurückzukehren, obwohl ihm viele Vertraute
(darunter seine Mutter) davon abrieten. Neben Geld und Ruhm war Alis Liebe
zum Boxsport wohl mitverantwortlich für diese Entscheidung. Sein Gegner
sollte Larry Holmes sein, Alis ehemaliger Sparringspartner, der nun Weltmeister
war. Dennoch war Alis Kampfbörse mit acht Mio. Dollar viermal so hoch
wie Holmes‘.
Weil in den Medien wiederholt Zweifel an seiner
Gesundheit auftauchten, ließ Ali sich im Juli in der Mayo Klinik
in Minnesota untersuchen. Obwohl die untersuchenden Ärzte ein Loch
in einer Membran im Gehirn feststellten, Ali Probleme hatte, mit dem Zeigefinger
bei geschlossenen Augen seine Nase zu berühren und er selbst sagte,
er habe in den letzten zehn Jahren etwas undeutlich gesprochen, vermerkten
sie in ihrem Bericht, sie sähen keinen Grund, warum er nicht boxen
sollte. Dass diese Symptome eindeutige Vorzeichen einer schlimmen Krankheit
waren, die durch Schläge auf den Kopf verschlimmert werden konnten,
erkannten die Ärzte nicht.
Alis Gewicht war bei Trainingsbeginn 115 kg.
Doch schon bald verlor er Kilo um Kilo und es sah so aus, als sei er in
der besten körperlichen Verfassung seit Jahren. Doch nicht hartes
Training oder eine spezielle Diät waren die Ursache für Alis
Schlankheit sondern ein Medikament, das ihm Herbert Muhammad’s Arzt verschrieben
hatte, das eine Unterfunktionalität der Schilddrüse beheben sollte,
die Ali in Wirklichkeit gar nicht hatte. Dieses Medikament griff in den
Stoffwechsel von Alis Körper ein. Infolgedessen nahm er mehr und mehr
ab, fühlte sich aber zunehmend schon nach geringer Anstrengung erschöpft.
Ali wog schließlich noch 98 kg, als er
den Ring betrat. Doch er war nicht in der Verfassung, einen Boxkampf zu
bestreiten. Sein Körper war stark entwässert und bereits die
geringste Anstrengung ermüdete ihn. Es war bereits nach wenigen Runden
klar, dass Ali keine Chance hatte. Immer wieder signalisierte Holmes dem
Ringrichter, den Kampf abzubrechen, denn er wollte Ali nicht verletzen.
Nach der zehnten Runde warf Angelo Dundee endlich das Handtuch. „Es war
kein Kampf; es war eine Hinrichtung“, schreibt Thomas Hauser und er hat
wohl recht.
Ferdie Pacheco sagte später, Ali habe Glück
gehabt, dass er diesen Kampf überlebte. Im Nachhinein betrachtet erscheint
es in der Tat unvorstellbar, dass der Kampf Ali gegen Holmes überhaupt
stattgefunden hat.
Doch wer gedacht hatte, Ali hätte durch
diese schmerzvolle Niederlage erkannt, was andere schon einige Zeit vorher
bemerkt hatten, nämlich dass er zu alt war, um zu boxen, wurde im
Herbst 1981 eines besseren belehrt. Ali wollte, fast 40jährig, noch
ein Comeback feiern, gegen Trevor Berbick auf den Bahamas, weil in den
USA kein Austragungsort gefunden werden konnte.
Es war wahrlich kein würdiges Ende für
eine so große Karriere. Zwar wurde Ali auch in seinem letzten Kampf
nicht ausgeknockt, doch er verlor einstimmig nach Punkten.
Der Kampf gegen Trevor Berbick sollte ein für
allemal der letzte in der Karriere des Muhammad Ali gewesen sein. Nach
siebenundzwanzig Jahren hängte er die Boxhandschuhe an den sprichwörtlichen
Nagel.
Copyright 2000 by Johannes Ehrmann
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