Über keinen Kampf Muhammad Alis ist wohl soviel geschrieben worden, wie über den "Rumble in the jungle", den Weltmeisterschaftskampf zwischen George Foreman und Ali in Zaire, im Herzen Afrikas. Es mag daran liegen, dass es einer der dramatischsten Schwergewichtskämpfe aller Zeiten war. Auch die Eigenschaften der beiden Boxer hätten gegensätzlicher wohl kaum sein können - hier der Patriot Foreman, der 1968 bei den Olympischen Spielen das Star Spangled Banner im Ring schwenkte, dort Muhammad Ali, der mit Wehrdienstverweigerung und Glaubenswechsel das weiße Establishment Amerikas empörte, sich aber trotzdem nie von seinem Weg abbringen ließ und ein Held der Schwarzen war - waren Inhalt zahlreicher Essays und Reportagen. Norman Mailer schrieb gar einen kompletten Roman über diesen Kampf ("The Fight", ersch. 1975).
Doch wir wollen die Ereignisse chronologisch schildern.
Mitte 1974 hatte Muhammad Ali die gesamte Spitze der Schwergewichtsszene geschlagen (einschließlich zweier Revanche-Siege gegen Ken Norton und Joe Frazier) und war nun bereit, den WM-Titel zum zweiten Mal zu gewinnen, ein Unterfangen, das bislang nur Floyd Patterson gelungen war, als er 1960 Ingemar Johansson schlug. Sonst hatte bislang auf jeden Schwergewichtschampion die Regel "They never come back" zugetroffen.
Die einzige Bedingung, die Alis Manager Herbert Muhammad stellte, war, dass Ali eine Börse von fünf Millionen Dollar erhalten sollte. Don King, ein ehemaliger Zuchthäusler, der bis dato noch keinen Boxkampf promotet hatte, versprach, das Unmögliche möglich zu machen und das Geld aufzutreiben.
Mit der Hilfe von Video Techniques gelang es King, Mobutu Sese Seko, den Diktator von Zaire, der seinen und den seines Landes auf der ganzen Welt verbreiten wollte, dazu zu bewegen, einen Großteil der zehn Millionen zu stellen; den Rest übernahm eine britische Firma.
Zaire hatte bis zur Vertreibung der europäischen Besatzer 1960 Belgisch-Kongo geheißen, der Name Kinshasas, das 1974 eineinhalb Millionen Einwohner hatte, war Leopoldsville gewesen. Mobutu regierte mit harter Hand, zum Beispiel ließ er einige Monate vor dem Kampf als Reaktion auf die steigende Kriminalität dreihundert Kriminelle in die Katakomben des Stadions einsperren, daraufhin fünfzig zufällig ausgewählte erschießen und den Rest freilassen, um die Schreckensnachricht im Untergrund zu verbreiten.
Doch zurück zum Boxen. Foreman war der haushohe Favorit. Er hatte seine acht letzten Kämpfe allesamt durch K.O. in den ersten beiden Runden gewonnen (auch Frazier und Norton, gegen die Ali je zwei mal über die volle Distanz gegangen war, waren unter den Gegnern gewesen) und insgesamt 37 seiner 40 Profisiege vorzeitig beendet. Seine Schlagkraft war enorm und nachdem er einige Runden auf den Sandsack eingeschlagen hatte, war jedes Mal eine große Beule darin; einmal hatte er ihn gar aus der Verankerung geschlagen!
Ali trainierte in seinem Camp in Deer Lake, Pennsylvania und reiste vierzehn Tage vor dem Kampf nach Zaire, um genug Zeit zu haben, sich zu akklimatisieren. Er quartierte sich vierzig Meilen entfernt von Kinshasa auf dem Gelände Mobutus ein, während Foremans Tross mitten in der Stadt im Intercontinental wohnte. Während sich Foreman systematisch von den Einheimischen und überhaupt von allen Fremden abschottete (er hatte sogar Polizeihunde, die ihm nicht von der Seite wichen), ließ Ali keine Gelegenheit aus, die Bevölkerung Zaires für sich zu gewinnen. Wohin auch immer er ging, es war eine riesige Menschenmenge um ihn.
Acht Tage vor dem Kampf verletzte sich Foreman am Auge und der Kampf musste um einen Monat auf den 30. Oktober verschoben werden. Nach anfänglicher Fassungs- und Ratlosigkeit beschloss Ali, in Zaire zu bleiben. Auch Foreman blieb. Es gab unbestätigte Gerüchte, dass Mobutu eine Ausreisesperre über die Boxer verhängt habe.
Der Kampf fand um vier Uhr morgens statt (damit die Zuschauer in den USA ihn zur Primetime verfolgen konnten) im 63 000 Zuschauer fassenden Stadion des 20. Mai in Kinshasa, ein Geschenk Mobutus an sein Volk und vor dem Kampf komplett renoviert.
Ali wiegt 98 kg, zwei bis vier kg mehr als er wiegen wollte, Foreman ist zwei kg schwerer, als er den Ring betritt. Bereits vor dem ersten Gong dirigiert Ali das Publikum, das frenetisch skandiert: "Ali, bomaye! - Ali, töte ihn!".
In der ersten Runde landet Ali einige gute Kombinationen, die er meistens mit der rechten Führhand beginnt, eine Taktik, die Boxer normalerweise erst anwenden, wenn der Gegner ermüdet ist und dessen Konzentration nachlässt. Doch Alis Taktik wirkt - Foreman wird getroffen, landet aber auch einige Körpertreffer. Zudem spricht Ali den Kampf über mit Foreman, Sätze wie "Das tat nicht weh!" oder "Ist das alles, was du kannst, sucker?"
In der zweiten Runde hetzt Foreman Ali durch den Ring, schneidet ihm immer wieder geschickt den Weg ab und drängt ihn in eine der Ecken. Ali beschließt, seine Taktik komplett umzustellen. Er bleibt an den Seilen stehen, lehnt sich zurück und lässt Foreman seinen Körper bearbeiten. Doch in den letzten Sekunden dieser Runde ergreift Ali wieder die Initiative und schüttelt den verdutzten Foreman kräftig durch.
Auch die dritte Runde geht an Ali, der die schweren Körpertreffer, die Foreman ihm zufügt, scheinbar mühelos wegsteckt und seinen Gegner immer wieder mit schnellen Kombinationen trifft. Am Ende der Runde taumelt Foreman in seine Ecke.
Nachdem beide Boxer die vierte Runde benutzt haben, um ein wenig zu verschnaufen, will es Foreman in der fünften wissen. Er sucht nach einer Lücke in Alis Doppeldeckung, während er seine Bauch- und Nierenpartie bearbeitet. Doch in den letzten vierzig Sekunden dieser Runde bringt Ali den deckungslosen Foreman an den Rand eines K.o.‘s. Blitzschnell hageln die Geraden Alis in Foremans Gesicht – der Gong rettet ihn.
Die Runden sechs und sieben sind langsam. Foreman, dessen Schläge von Runde zu Runde schwächer geworden sind, versucht Alis Deckung durch Körpertreffer zu öffnen - ohne Erfolg.
In der letzten Minute der achten Runde nimmt Ali sein Herz in beide Hände. Er trifft Foreman mit einer Rechten, löst sich von den Seilen und Foreman taumelt in Richtung Ringmitte. Ali empfängt ihn mit zwei Rechten und setzt zur entscheidenden Kombination an. Norman Mailer: "Dann fuhr ein großes Geschoss, das genau die Größe einer behandschuhten Hand hatte, mitten in Foremans Gedanken, der beste Schlag der dramatischen Nacht, der Schlag, den Ali für seine Karriere aufgehoben hatte. Foremans Arme flogen auseinander wie bei einem Fallschirmspringer, der aus einem Flugzeug springt."
Foreman geht zu Boden und wird ausgezählt. Das Stadion steht Kopf. Muhammad Ali ist zum zweiten Mal Weltmeister im Schwergewicht, und auf welche Art er dies geschafft hat!
vs. Sonny Liston (I) - vs. Sonny Liston (II) - vs. Joe Frazier (I) - vs. George Foreman - vs. Joe Frazier (III)